Heute poste ich mal etwas ganz anderes, nämlich das Gedicht Sogenannte Klassefrauen von Erich Kästner.
Als ich im letzten Jahr von einem Journalisten bei einem Interview für das Hamburger Abendblatt (Artikel KLICK HIER) gefragt wurde, was für mich der aktuelle Trend ist, antwortete ich ganz spontan: Trend ist, was gefällt. Und so sehe ich es auch.
Man muss nicht jeden Trend mitmachen, nur, weil er gerade von der Modeindustrie vorgegeben wird. Ich kaufe und trage das, was mir persönlich gefällt und woran ich Freude habe. Natürlich deckt sich dabei vieles mit der aktuellen Mode. Aber es gibt für mich immer wieder angesagte Modeartikel, die mir persönlich überhaupt nicht zusagen oder auch ganz einfach nicht stehen. Dazu sage ich dann ganz entspannt: Nein.
Das Gedicht Sogenannte Klassefrauen schrieb Erich Kästner bereits 1930. Natürlich ist die Ausdrucksweise passend zu der damaligen Zeit. Inhaltlich ist es aber, finde ich, aktueller denn je. Viel Spaß beim Lesen wünsche ich Euch.
Sind sie nicht
pfui teuflisch anzuschauen?
pfui teuflisch anzuschauen?
Plötzlich färben
sich die „Klassefrauen“,
sich die „Klassefrauen“,
weil es Mode ist,
die Nägel rot!
die Nägel rot!
Wenn es Mode
wird, sie abzukauen
wird, sie abzukauen
oder mit dem
Hammer blauzuhauen
Hammer blauzuhauen
tun sie’s auch.
Und freuen sich halbtot.
Und freuen sich halbtot.
Wenn es Mode
wird, die Brust zu färben
wird, die Brust zu färben
oder, falls man
die nicht hat, den Bauch…
die nicht hat, den Bauch…
Wenn es Mode
wird, als Kind zu sterben
wird, als Kind zu sterben
oder sich die
Hände gelbzugerben,
Hände gelbzugerben,
bis sie
Handschuhn ähneln, tun sie’s auch.
Handschuhn ähneln, tun sie’s auch.
Wenn es Mode
wird, sich schwarzzuschmieren…
wird, sich schwarzzuschmieren…
Wenn verrückte
Gänse in Paris
Gänse in Paris
sich die Haut wie
Chinakrepp plissieren…
Chinakrepp plissieren…
Wenn es Mode
wird, auf allen Vieren
wird, auf allen Vieren
durch die Stadt
zu kriechen, machen sie’s.
zu kriechen, machen sie’s.
Wenn es gälte,
Volapük zu lernen
Volapük zu lernen
und die
Nasenlöcher zuzunähn
Nasenlöcher zuzunähn
und die
Schädeldecke zu entfernen
Schädeldecke zu entfernen
und das Bein zu
heben an Laternen –
heben an Laternen –
morgen könnten
wir’s bei ihnen sehn.
wir’s bei ihnen sehn.
Denn sie fliegen
wie mit Engelsflügeln
wie mit Engelsflügeln
immer auf den
ersten besten Mist.
ersten besten Mist.
Selbst das
Schienbein würden sie sich bügeln!
Schienbein würden sie sich bügeln!
Und sie sind auf
keine Art zu zügeln,
keine Art zu zügeln,
wenn sie hören,
daß was Mode ist.
daß was Mode ist.
Wenn’s doch Mode
würde, zu verblöden!
würde, zu verblöden!
Denn in dieser
Hinsicht sind sie groß.
Hinsicht sind sie groß.
Wenn’s doch Mode
würde, diesen Kröten
würde, diesen Kröten
jede Öffnung
einzeln zuzulöten!
einzeln zuzulöten!
Denn dann wären
wir sie endlich los.
wir sie endlich los.
Erich
Kästner (* 23.02.1899 / † 29.07.1974)
Kästner (* 23.02.1899 / † 29.07.1974)
6 Kommentare
Ari gerade weil du nicht jeden Trend mitmachst,sehe ich mir deinen Blog täglich an.Das Gedicht ist genial.Musste lachen!Erich Kästner hat recht!Katja
Das hat Erich Kästner schon damals gut beobachtet – ein wahrhaftig kluger Mann. Reizend, dass Sie dieses Gedicht auf Ihrem Blog präsentieren. Bleiben Sie so wie Sie sind.
Viele Grüße Susanne
Köstlich! Das sehe ich ganz genauso, liebe Ari.
Liebe Grüße
Sara
Hahaha, köstlich….aber genau so ist es!
So sag ich immer "Stil hat, was Spaß macht!" Jeder bestimmt das selber!
Liebe Grüße,
Moni
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Nun ja, heute passt das Gedicht schon, damals aber war es eine Kritik an moderne Frauen, die es ablehnten sich in ihre traditionelle Rolle als Mutter und Köchin zu fügen.